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Abbildung 4: Originalhülse, abgedrehte und entgratete Hülse, auf das Vetterli-Mass kalibrierte und entgratete Hülse und Hülse, die ca. 10 X geschossen / rekalibriert und mit einem Zündhütchen versehen ist

09/12/2020 | Tipps und Tricks

Zentralfeuerhülsen für das Vetterli Gewehr Mod 1869/1881

Das Vetterli Gewehr von 1869 und seine Weiterentwicklungen im Kaliber 10.4 mm waren für eine 38 mm lange Randfeuerpatrone ausgelegt. Mit 4 Gramm Schwarzpulver und einem 20.14 Gramm Miné-Geschoss ergab sich eine Mündungsgeschwindigkeit von 435 m/Sek.

Heute sind die Randfeuerpatronen natürlich nicht mehr erhältlich. Zudem ist ein Wiederladen dieses Patronentyps praktisch unmöglich. Daher bauen die meisten Schützen, die ein Vetterli-Gewehr schiessen, dieses auf Zentralfeuer um. Das geht z.B. sehr einfach, indem der vordere gegabelte Teil des zweiteiligen Schlagbolzens herausgenommen wird und in den hinteren Teil des Schlagbolzens zentrisch ein 2 mm (härtbarer) Stift mit Hartlot eingelötet wird. Dann wird der Verschlusskopf mit einer zentrischen Bohrung von 2.1 mm versehen (Abbildung 1). Auf einer Drehbank ist das leicht durchzuführen.

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Abbildung 1: Verschlusskopf mit zentrischer Bohrung von 2.1 mm und Schlagbolzen mit eingelötetem 2mm Stift (gehärtet).

Nun zur Munition: Die Hülsen sollten im Hals- und Bodenbereich weitgehend der Original-Patrone entsprechen. Diese hat einen Durchmesser am Hals von 13.4 mm und ca. 13.6 mm am Boden. Der Rand hat einen Durchmesser von 15.8 mm. Die Länge der Patrone war 38 mm.

Als Basis für einen Ersatz bietet sich eine Hülse im Kaliber 50-110 an. Sie ist leicht konisch und hat im Mündungsbereich einen Durchmesser von 13.5 mm und am Boden 13.8 mm (Hülsen von Starline®). Mit 61 mm Länge ist sie natürlich wesentlich zu lang. Nach einige Internetrecherchen habe ich mich für eine Hülsenlänge von 41 mm für das Vetterli-Gewehr entschieden. Ich habe eine um 3 mm grössere Hülsenlänge gegenüber dem Original gewählt, da ich statt eines 20 g-Geschosses, Geschosse von 15.3 g (235 grain) verschiessen möchte und die Setztiefe des Bleigeschosses in der Patrone ähnlich sein soll. Zudem erwarte ich durch den längeren Hals eine bessere Abdichtung der Patrone beim Schuss.

In einem ersten Gang wir die Hülse auf der Drehbank auf 42 mm gekürzt (Abbildung 2) und auch auf der Drehbank wird der neue Rand entgratet. Anschliessend wird mit einem Handwerkzeug der innere Grat der abgedrehten Hülse entgratet.

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Abbildung 2: Hülse vor dem Abdrehen und Entgraten
Zum Rekalibrieren der Hülsen verwende ich das 2-Matrizen-Kalibrierset von Lee® Precision, 4275 Country Road U, Hartford, Wisconsin, USA. Sehr wichtig ist es, die vorher entgrateten Hülsen gut mit Kalibrierfett zu fetten. Auch hier hat sich das Fett von Lee® bewährt (Versuche mit Mineralöl oder mit MoS2-Fett haben zum Abreissen des Bodens geführt). Die Geschoss-Setz- und Crimp-Matrize habe ich insoweit abgeändert, als dass ich das innen liegende Geschoss-Zentrierstück gegen ein Stahldrehteil ausgetauscht habe, das eine sehr enge Führung im oberen Teil der Matrize aufweist und oben eine 4-mm Schraube hat, die durch ein passendes Loch im Aluminiumkopf der Matrize führt. So kann man den Setzvorgang des Geschoss beobachten und ob es sich eventuell verkantet. (Abbildung 3)
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Abbildung 3: abgeändeter oberer Teil der Geschoss-Setz- und Crimpmatrize
Anschliessend kann die Hülse in einem Hülsentrimmer auf die richtige Länge gekürzt, innen und aussen entgratet und mit einem Zündhütchen versehen werden (Abbildung 4)
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Abbildung 4: Originalhülse, abgedrehte und entgratete Hülse, auf das Vetterli-Mass kalibrierte und entgratete Hülse und Hülse, die ca. 10 X geschossen / rekalibriert und mit einem Zündhütchen versehen ist

Zu Laden verwende ich selbst gegossene und kalibrierte Hartbleigeschosse (Brinell Härte 10.4 BNH) von 275 grain (15.3 Gramm) mit 2 Fettrillen. Als Pulver verwende ich Reload Swiss RS36. Mit 24 grain (1.55 Gramm) Ladung habe ich 380 m/Sek und mit 26 Grain (1.68 Gramm) Ladung habe ich 440 m/Sek Mündungsgeschwindgkeit gemessen. Als Zündhütchen wurden jeweils die „large Rifle Primer“ von RWS eingesetzt.

Die Hülsen sind bei diesen Ladungen nicht gefüllt. Daher setzte ich jeweils einen losen Wattebausch auf die Ladung.

Als Druck habe ich analog Berechnungen von Herrn Dominik Antenen ca. 1'300 bar für 26 grain (1.68 Gramm) RS 36 abgeschätzt. Das liegt noch leicht unter den für das Vetterli-Gewehr mit Schwarzpulver angegebenen 1'400 bar (20'000 psi).

Abbildung 5 zeigt die Ladeutensilien mit Pulver RS 36, Zündhütchen, Hülsenmatrizen, Geschosskalibriermatrize, Hülsen im Originalzustand, kalibrierte und geladene Vetterli-Hülse, Geschoss, Eigenbau-Kugelzange und Wattebausch.

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Abbildung 5: Ladeutensilien mit Pulver RS 36, Zündhütchen, Hülsenmatrizen, Geschosskalibriermatrize, Hülsen im Originalzustand, kalibrierte und geladene Vetterli-Hülse, Geschoss, Eigenbau-Kugelzange und Wattebausch.

Ich betone auch hier, dass jeder Schütze für das Laden seiner Patronen selber verantwortlich ist und dass ich keinerlei Verantwortung für die angegebenen Ladedaten und Ergebnisse übernehme.

Mit freundlichen Grüssen
Dr. Ulrich Daum

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